Die AML-VO der EU – Neue Impulse zur Bekämpfung von Geldwäsche durch das europäische Geldwäschepaket

I. Einleitung

Seit Inkrafttreten der ersten Geldwäscherichtlinie auf europäischer Ebene wurde im Geldwäschepräventionsbereich stets verschärft und expandiert. Durch den Erlass verschiedener im Kontext stehender EU-Richtlinien, fand somit auch eine Anpassung nationaler Straf- und Geldwäscheregelungen statt. So wurde § 261 StGB mehrfach geändert, respektive erweitert, um Justiz und Strafverfolgungsbehörden zu entlasten. Der Straftatbestand der Geldwäsche erhielt eine neue Fassung mit zehn Absätzen.

Die resoluteste Änderung besteht allerdings in der Abschaffung des Vortatenkatalogs und der Einführung des sog. „all-crimes-approach“. Durch das Streichen des aufzählenden Vortatenkatalogs ist nunmehr jede rechtswidrige Tat als Vortat geeignet. Der letzte wichtige Meilenstein im Rahmen der Geldwäscheprävention liegt nun dem im Juni 2021 durch die Europäische Kommission veröffentlichten EU-Geldwäschepaket zugrunde. Das Paket setzt sich aus den folgenden Bausteinen zusammen:

  • „EU-AML“-VO“ (nachfolgend VO)
  • sechste Geldwäscherichtlinie
  • Aktualisierung der Geldtransferverordnung
  • Verordnung zur Errichtung einer europäischen Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche (AMLA – Anti-Money-Laundering Authority, mit Sitz in Frankfurt)

Das Europäische Parlament verfasste seinen Standpunkt im März 2023 zum Geldwäschepaket. Internationale Verhandlungen (Trilog) fanden statt, als das Parlament beschloss mit dem Rat in Verhandlungen zu treten. Im Zuge dieses Trilogs konnte Anfang 2024 eine vorläufige Einigung hinsichtlich weiter Teile des Pakets erzielt werden. Nach förmlicher Annahme durch den Rat der Europäischen Union als letzte Instanz am 30. Mai 2024 wurde das EU-Gesetzespaket am 19. Juni 2024 im Amtsblatt der Union verkündet und trat 20 Tage nach Veröffentlichung in Kraft.

Die VO gilt rechtsbindend erst in drei Jahren, konkret ab dem 10. Juli 2027. Im Gegensatz zu europäischen Rechtsakten wie Richtlinien, muss eine durch den EU-Gesetzgeber erlassene Verordnung nicht erst durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Verordnung ist somit ab Inkrafttreten unmittelbar geltendes Recht innerhalb der EU. Der folgende Artikel befasst sich mit der VO als Herzstück des Geldwäschepakets.

II. Regelungsinhalte

Durch die Verordnung mit ihrem Anspruch die für Verpflichtete geltenden Sorgfaltsanforderungen in der EU einheitlich zu regeln, hat sich die EU-Legislative – bis dato erstmalig – an der Regelungsform einer Verordnung bedient. Die EU reagiert somit auf das, aus einer identifizierten Divergenz, resultierendem Attest nationaler Gesetze im AML-Bereich und der unter den Mitgliedsstaaten herrschenden Ansätzen zur Regulierung.

1. Auf was müssen sich Verpflichtete einstellen?

Heißt das nun, dass sich der Rechtanwender von großen Teilen oder ganz von Regelungen des Geldwäschegesetzes (nachfolgend GwG) verabschieden muss? Alle Regeln die Verpflichtete im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten treffen, werden durch das neue EU-Recht verdrängt und genießen Anwendungsvorrang; im Wesentlichen bleiben die Grundsatzstrukturen des GwG bestehen. Es ist ratsam, die detaillierten Änderungen am besten proaktiv innerhalb der nächsten drei Jahre vorzubereiten und sich auf die Umsetzung einstellen. Die Adressaten sollten daher die VO frühzeitig prüfen, ob die jeweilige Unternehmung betroffen ist. Sicher bleiben hierbei Fragen offen, welche durch den Erlass von Präzisierungsakten der AMLA in Zukunft für Rechtsklarheit sorgen sollten. Bereits jetzt lässt sich erkennen, dass bspw. der Katalog der Sorgfaltspflichten im Bereich „außenpolitische Sanktionen“ erweitert wird.

2. Neue Verpflichtete

Durch die Aufnahme neuer Verpflichteter werden nun auch Anbieter von Krypto-Dienstleistungen verpflichtet Sorgfaltspflichten anzuwenden. Dies bedeutet, auch hier Informationen der Kunden einzuholen, zu prüfen und ggf. Verdachtsmeldungen abzugeben. Anbieter von Krypto-Dienstleistungen wenden diese Sorgfaltspflichten bei der Durchführung einer gelegentlichen Transaktion i.H.v. 1.000 Euro an.

Die Liste der Verpflichteten wurde auch um Profifußballvereine und –agenten erweitert. Die Mitgliedstaaten dürfen allerdings Ausnahmen zu Profifußballvereinen vornehmen und diese von der Liste streichen, wenn das Risiko gering ist. Für sie gilt ein längerer Übergangszeitraum, d.h. Geltungsbeginn ist – anders als im Falle der anderen Verpflichteten – nicht drei, sondern fünf Jahre ab Inkrafttreten der VO.

3. Obergrenze und Barzahlungen

Durch die Einführung einer unionsweiten Obergrenze für Barzahlungen i.H.v. 10.000 Euro werden die mit der Zahlung von großen Barbeträgen verbundenen Risiken minimiert. Die Mitgliedsstaaten dürfen allerdings auch eine niedrigere Obergrenze festlegen. Bei einer gelegentlichen Barzahlung i.H.v. 3.000 Euro bis 10.000 Euro müssen Verpflichtete entsprechenden Sorgfaltsmaßnahmen anwenden unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder über verbundene Transaktionen erfolgt.

4. Wirtschaftliches Eigentum

Die Vorschriften des wirtschaftlichen Eigentums sorgen für mehr Transparenz und Klarheit.
Es geht deutlich hervor, dass das wirtschaftliche Eigentum aus zwei Bestandteilen besteht: Eigentum und Kontrolle. Es müssen beide Komponenten herangezogen werden, um sämtliche wirtschaftlichen Eigentümer einer juristischen Person oder alle Arten von Unternehmen, einschließlich Nicht-EU-Unternehmen, zu identifizieren, wenn diese in der EU tätig sind oder innerhalb der EU Immobilien erwerben.

Der UBO-Schwellenwert von 25% Stimm- oder Kapitalanteilen bleibt zwar weiterhin konsistent, wird aber dahingehend angewendet, dass bereits das Erreichen von 25% ausreichend ist. Bestehen höhere Risiken, soll der Schwellenwert abgesenkt werden. Dieser niedrigere Schwellenwert sollte so niedrig sein, dass höhere kriminelle Missbrauchsrisiken für Gesellschaften gemindert werden. Die Vorschriften zu vielschichtigen Eigentumsstrukturen erfahren Verschärfungen, um ein Verbergen hinter mehreren Schichten der Eigentümerschaft zu verhindern. Das wirtschaftliche Eigentum juristischer Personen mit Sitz im Ausland, welche Eigentümer von Immobilien sind, trifft rückwirkend eine seit dem 01. Januar 2014 geltende Registrierungspflicht.

5. Verstärkte Sorgfaltspflichten

Für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen bei grenzüberschreitenden Korrespondenzbeziehung gelten verstärkte Sorgfaltspflichten. Kredit- und Finanzinstitute, Dienstleister für Trusts oder Gesellschaften haben verstärkte Sorgfaltspflichten bei Geschäftsbeziehungen anzuwenden, bei welchen ein erhöhtes Risiko festgestellt wurde und die Verwaltung von Vermögenswerten von sog. High-Net-Individuals vorliegt. Neben einer Identifikation der anderen Vertragspartei und ggf. dessen wirtschaftlich Berechtigten (wirtschaftlichen Eigentümers) trifft Verpflichtete zukünftig die Überprüfungspflicht, ob der Kunde finanziellen Sanktionen unterliegt. Handelt es sich beim Vertragspartner um eine juristische Person ist zu prüfen, ob natürliche oder juristische Personen, die gezielten finanziellen Sanktionen unterliegen, die juristische Person kontrollieren oder einzeln oder kollektiv mehr als 50% der Eigentumsrechte oder eine Mehrheitsbeteiligung an dieser juristischen Person haben.

Wird eine Diskrepanz zwischen den durch juristische Personen als Vertragspartner erlangten Informationen, zu denen im Transparenzregister vorhandenen Informationen festgestellt, hat eine Meldung beim Zentralregister innerhalb von 14 Kalendertagen nach Feststellung zu erfolgen. Zu den erfassenden Identifizierungsangaben kommt die Steueridentifikationsnummer hinzu.

6. Drittländer mit hohem Risiko

Wenn nationale Vorschriften von High-Risk-Drittländern zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufgrund von Schwachstellen eine Gefahr für die Integrität des EU-Binnenmarkts darstellen, haben Verpflichtete im Fall von Transaktionen sowie Geschäftsbeziehungen mit diesen Risikoländern verstärkte Sorgfaltspflichten anzuwenden. Die Maßnahmen der Union sollten nach der VO auch weiterhin den Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ (FATF) und den Instrumenten anderer internationaler Gremien, die im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung tätig sind, Rechnung tragen.

III. Fazit & Ausblick auf den Beruf des Geldwäschebeauftragten

Durch das Geldwäschepaket der EU und insbesondere der VO wird eine weitreichende Vereinheitlichung erreicht. Hierzu trägt maßgeblich die Entscheidung bei, dass der EU-Gesetzgeber zum Rechtsmittel einer Verordnung greift. In diesem Zusammenhang wartet auf die neu errichtete Behörde AMLA noch einiges an Arbeit beim Erlass der Präzisierungsrechtsakte.

Klare Empfehlung für die Adressaten ist bereits jetzt die Lektüre der VO, um ggf. den Handlungsbedarf zu ermitteln. Drei Jahre ist merklich nicht viel Zeit in Anbetracht der Komplexität der Materie. Eine unionsweite Vereinheitlichung der Anti-Geldwäsche ist zu begrüßen. So zeichnet sich bei Betrachtung der Regelungsinhalte ab, dass Verpflichtete nach dem GwG allerdings keine schwerwiegenden Änderungen zu befürchten haben.

Nach Systematik der VO ist der Geldwäschebeauftragte dem sog. Compliance Manager untergeordnet. Der Compliance Manager wird wie bereits bekannt ein Mitglied der Geschäftsleitung sein. Es gibt partiell Unterschiede zur jetzigen Rechtlage im GwG und der VO. Anders als das GwG regelt die VO bspw. nichts hinsichtlich des Kündigungsschutzes des Geldwäschebeauftragten. Weiter finden sich auch keine Regelungen zu Ausnahmen des Direktionsrechts, wenn der Geldwäschebeauftragte eine Verdachtsmeldung abgibt. Somit müsste zeitnah geklärt werden, ob einschlägige flankierende Vorschriften des GwG bestehen bleiben oder die VO nun abschließend regelt.

Autor: Philipp Collet, Consultant Compliance & AML, Creditreform Compliance Services GmbH