Blockchain, Smart Contracts und Tokenisierung im Bankenumfeld

Die Blockchain ist schon etwas komisch. Jeder spricht von ihr. Es gibt kein Vorbeikommen an ihr. Und trotzdem zeigt sich, wenn man tiefer in die Materie eintaucht, dass diese Technologie sehr häufig missverstanden, überhöht und gleichzeitig unterschätzt wird. Deshalb ist eine ganzheitliche Betrachtung dieses Themas so wichtig – sowohl für den Einsteiger als auch für den Blockchain-Profi mit einschlägiger Vorbildung!

Bei der Gründung der Blockchain im Jahr 2008 trat Satoshi Nakamoto mit dem gleichsam ehrgeizigen wie provokativen Ziel an, Intermediäre überflüssig zu machen. Die Transaktionskosten sollten dadurch gen Null fallen und ein enormes Kosteneinsparpotenzial für diejenigen Bereiche bieten, die bisher noch über zentrale Institutionen geregelt werden. Wenngleich Praxisanwendungen in der Breite aktuell noch rar sind, gibt es speziell im Finanzumfeld immense Potenziale. Es dürfte deshalb wenig überraschen, dass Facebooks Ankündigung, eine eigene Kryptowährung aufzubauen, weltweit einschlug wie eine Bombe – wenngleich das Projekt Anfang 2022 von Meta (Facebooks Dachorganisation) aufgegeben wurde. Maßgeblich von Facebooks Vorstoß beeindruckt, beschäftigten sich die Zentralbanken weltweit mit einer digitalen Version der bestehenden Währungen. Blockchain und die Distributed Ledger Technologie (DLT) sind gekommen, um zu bleiben! Vermutlich haben einige Akteure das Bonmot von Bill Gates im Hinterkopf „Banking is essential, banks are not!“.

Inwieweit sich durch die Blockchain-Technologie mittel- bis langfristig auch die Machtverhältnisse im Markt verschieben werden, bleibt abzuwarten. Genauso die Frage, ob es bei der Blockchain so sein wird, wie bei vielen anderen Technologien, z. B. bei MySpace vs. Facebook oder Yahoo vs. Google, als nicht die Pioniere, sondern die Second-Mover einen Vorteil hatten. Im Falle der Blockchain könnte sich dies aktuell bereits andeuten, wenn man die Energie- und Skalierungsprobleme des Bitcoins mit Ethereum vergleicht. Oder gar die Frage, ob Tangle (oder eine vergleichbare Technologie) die Blockchain, noch bevor sie ihr vollständiges Potenzial entfaltet hat, bereits schon wieder ablöst…

Eng verbunden mit der Blockchain-Technologie sind auch die Kryptowährungen. Hier scheiden sich die Geister: Für den einen ist es eine substanzielle Innovation, der andere belächelt sie als wertlosen Firlefanz. In diesem Zusammenhang sollte man sich aber vor Augen halten, dass mittlerweile tagtäglich mehrere Hunderte Milliarden Euro bei einer Gesamtbewertung von knapp zwei Billionen Euro bewegt werden. Inwieweit dies eine Blase ist, ist dabei ebenfalls umstritten. Ich persönlich bin der Meinung, dass es eine ähnliche Entwicklung ist wie bei der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende. Unvergessen ist dabei die epische Fehlprognose von Bill Gates, der 1993 seinen Leuten riet, sich um anderes zu kümmern: „Das Internet ist nur ein Hype.“

Das Internet hat danach die nächste Entwicklungsstufe genommen und diejenigen Player, die ein vernünftiges Geschäftsmodell hatten, sind als Champions hervorgegangen. Ähnlich wird es wohl auch bei der Blockchain werden. Auch sie ist eine Basistechnologie, auf der andere Anwendungen erst möglich werden – wie eben das Internet. An der Technologie per se gibt es wenige Zweifel. Wichtig ist insbesondere, dass sich Geschäftsmodelle auf Basis der Blockchain herausbilden, die den bisherigen deutlich überlegen sind, um einen „Moonshot-Moment“ – also einen Quantensprung – zu erzeugen.

Spannend ist auch die Bewertung Blockchain vs. Bitcoin. Früher hieß es lange: Die Blockchain-Technologie ist viel wichtiger als der Bitcoin und wird diesen lange überleben. Wenn man sich nur stellvertretend die Marktkapitalisierung von Ether (als Repräsentant der Ethereum-Blockchain) gegenüber Bitcoin anschaut, zeigt sich eine große Diskrepanz. Ich persönlich gebe zu, dass ich auch von einer umgekehrten Entwicklung ausgegangen bin. Ob dies eine Momentaufnahme ist und sich langfristig umkehren wird, wird sich zeigen. Genauso, inwiefern Enterprise Blockchains an Popularität gegenüber den Public Blockchains gewinnen werden.

Die Zukunft für all diejenigen, die sich jetzt intensiv mit der Blockchain-Technologie auseinandersetzen, ist rosig. Beratungshäuser, Banken, Firmen, Start-ups, Behörden, Kanzleien etc.: Es wird keinen Bereich geben, für den die Blockchain nicht relevant ist. Wer sich heute intensiv mit der Blockchain beschäftigt, braucht die nächsten 15-20 Jahre wohl keine Angst vor Arbeitslosigkeit zu haben!

In manchen Bereichen kommt die Änderung schneller und weitreichender, während andere Bereiche noch etwas mehr Zeit haben. Was für alle Branchen und Funktionsbereiche gewiss ist: Die Entwicklung wird exponentiell erfolgen – wie damals beim Internet. Wer von Anfang an dabei ist, hat damit einen großen Wettbewerbsvorteil!

Es gibt momentan fast täglich spannende Neuigkeiten. Und es wird in dieser Intensität weitergehen. Damit liegt es nun an uns allen, dass wir diese Technologie zielgerichtet einsetzen und dafür sorgen, dass wir einen strategischen Wettbewerbsvorteil erzielen können. Dazu bedarf es einer aktiven Arbeit am Geschäftsmodell – im Idealfall ausgehend von den Kundenbedürfnissen.

Jeder fragt sich: Welche Chancen und Risiken verbinden sich mit den Technologien dieser (augenscheinlich) revolutionären Veränderungen in der Finanzwelt? Wie betrifft es mich persönlich? Wie können wir die Blockchain nutzen, um noch näher an den Kunden heranzukommen?

Qualitativ hochwertige Antworten auf diese Fragen zu finden, ist schwierig. Blockchain-Technologien sind keine Weiterentwicklungen bestehender Systeme, sondern in den meisten Fällen ganz neue Ansätze, oft revolutionär anders. Aus diesem Grund gibt es kaum Lehrbücher, Standardansätze oder Best-Practice-Beispiele. An gesammeltes, hochqualitatives Wissen zu kommen, gestaltet sich daher schwierig und insbesondere zeitaufwendig. Und genau an dieser Stelle möchte das vorliegende Buch Abhilfe schaffen!

 

Das Buch erhebt einen hohen praktischen Anspruch und ist auf Basis vieler geführter Gespräche mit Experten und „Profis“ der unterschiedlichsten Branchen entstanden. Es richtet sich sowohl an Adressaten, die bereits erste Projekte erfolgreich umgesetzt haben als auch an Personen, die sich über die „dezentrale Zukunft“ informieren möchten. Dadurch, dass sowohl einzelne Kapitel quergelesen werden können, als auch ein Komplettstudium möglich ist, kann der Leser entweder einen Gesamtüberblick oder auch schlichtweg eine schnelle Information erhalten.

Glaser, Christian: Blockchain, Smart Contracts und Tokenisierung im Bankenumfeld, 329 Seiten, Broschur, ISBN 979-8-806-04300-0, 44,99 Euro, Independently Published 2022, Kindle-Edition, 42,99