Beschwerdemanagement bei Versicherungen

Bereits am 14. Juni 2012 hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (European Insurance and Occupational Pensions Authority, kurz: EIOPA) ihre Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung durch Versicherungen veröffentlicht, welche am gleichen Tag in Kraft getreten sind. Um diese Leitlinien auf nationaler Ebene umzusetzen, hat die BaFin am 20. September 2013 eine Sammelverfügung, sowie ein Rundschreiben (3/2013) herausgebracht.

Mindestanforderungen

Generell werden gewisse Mindestanforderungen an Versicherungsunternehmen gestellt. So ist der rechtlich korrekte und faire Umgang mit den Kunden genauso wichtig, wie eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation. Sie soll dafür sorgen, dass die zu beachtenden Gesetze, Verordnungen und aufsichtsbehördliche Anforderungen eingehalten werden. Sie setzt jedoch ein angemessenes Risikomanagement voraus, welches u.a. eine funktionierende und transparente Beschwerdebearbeitung (inkl. Dokumentation) enthalten muss.

Interne Leitlinien

Die Geschäftsleitung des Versicherungsunternehmens legt die internen Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung fest und ist für deren Umsetzung sowie für die Überwachung der Einhaltung verantwortlich.

Die internen Leitlinien müssen schriftlich festgehalten und allen Mitarbeitern, die sich mit dem Beschwerdemanagement befassen, zugänglich gemacht werden. Dabei sollten Prozesse für bestimmte Bereiche festgelegt werden, soweit dies möglich ist.

  • Beschwerdeeinreichung: Sie sollte sowohl mündlich, als auch schriftlich durch den Beschwerdeführer oder dessen Vertreter möglich sein.
  • Beschwerdebearbeitung: Hier sollten sowohl Fristen für die Bearbeitung, als auch Maßstäbe für eine rechtlich korrekte und faire Behandlung des Beschwerdeführers festgelegt werden. Datenschutzrechtliche Anforderungen müssen erfüllt werden. Mögliche Interessenkonflikte bei der Bearbeitung sollten tunlichst vermieden werden, ansonsten müssen sie identifiziert und gemanagt werden. Insgesamt sollten Beschwerden zügig, rechtlich korrekt, fair und effizient bearbeitet werden.
  • Schulungen: Regelmäßiges angemessenes Training der mit der Beschwerdebearbeitung befassten Mitarbeiter sollte durchgeführt werden.
  • Prozesse für die Überwachung der Einhaltung der internen Leitlinien sollten dokumentiert werden.

Beschwerdemanagementfunktion

Versicherungsunternehmen sind nun dazu verpflichtet eine Beschwerdemanagementfunktion einzurichten. Dafür sollte eine erfahrene Person ausgewählt werden, welche möglichst direkt unterhalb der Geschäftsleiterebene steht und die Aufgabe hat, Beschwerden zu untersuchen, ob sie rechtlich korrekt und fair abgewickelt wurden.

Die Einhaltung der internen Leitlinien in Bezug auf die Beschwerdebearbeitung ist von der Beschwerdemanagementfunktion zu gewährleisten, was jedoch nicht die Geschäftsleitung von der Verantwortung entbindet.

Sie kann zentral oder dezentral ausgestaltet werden, die vorgeschrieben Beschwerdeanalyse muss jedoch zentral durchgeführt werden.

Dokumentation der Beschwerden

Alle Beschwerden müssen unternehmensintern dokumentiert werden. Je nach Beschwerdeaufkommen kann die Dokumentationsweise variierten, z.B. kann ein elektronisches Register eingesetzt werden, jedoch muss unbedingt der Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet werden.

Soweit wie rechtlich möglich, sollten folgende Daten erfasst werden:

  • Gegenstand der Beschwerde und der Versicherungszweig auf den sich die Beschwerde bezieht
  • Stammdaten des Beschwerdeführers
  • Daten zum Eingang und zur Bearbeitung der Beschwerde
  • Ergebnis des Verfahrens

Außerdem sind die Versicherungsunternehmen der BaFin gegenüber verpflichtet einen Beschwerdebericht einzureichen.

Weiterverfolgung

Die Versicherungsunternehmen sind dazu verpflichtet eine Beschwerdeanalyse zu erstellen. Dabei werden die Daten der Beschwerdebearbeitung fortlaufend analysiert, um wiederholt auftretende Probleme und potentielle rechtliche und operationelle Risiken zu erkennen und diese zu vermeiden. Dabei sollte folgendes beachtet werden:

  • Erfassung und Analyse der Hintergründe der Beschwerden. So sollen Ursachen entdeckt werden, welche bei bestimmten Beschwerdetypen identisch sind.
  • Können andere Prozesse und Produkte von diesen Ursachen beeinflusst werden?
  • Sollte eine Beseitigung dieser Ursachen sinnvoll sein, dann erfolgt dessen Durchführung.

Bereitstellung von Informationen

Sollte der Beschwerdeführer Informationen über den Beschwerdeeingang und die Weiterbearbeitung anfordern, so müssen Versicherungsunternehmen ihm diese liefern.

Wenn er eindeutige, genaue und aktuelle Informationen über das Verfahren zur Beschwerdebearbeitung einsehen möchte, so hat ihm das Versicherungsunternehmen mindestens folgende Angaben (leicht zugänglich, z.B. als Broschüren) zu liefern:

  • Anleitung zur Beschwerdeeinreichung
  • Angewandtes Bearbeitungsverfahren bei Beschwerden

Beantwortungsverfahren von Beschwerden

Die Versicherungsunternehmen müssen alle relevanten Beweismittel und Informationen sammeln und prüfen. Sie sollten mit dem Beschwerdeführer in einer eindeutig verständlichen Sprache kommunizieren und ihm innerhalb einer üblichen Frist antworten. Sollte innerhalb dieser Frist keine Antwort möglich sein, so sollte der Beschwerdeführer über die Verzögerungsgründe informiert werden und man sollte ihm einen voraussichtlichen Termin nennen, wann die Prüfung abgeschlossen sein wird. Sollte die endgültige Entscheidung nicht vollständig seine Forderungen erfüllen, hat das Versicherungsunternehmen ihm eine ausführliche Begründung zu liefern und ihn auf die Alternativen zur Aufrechterhaltung seiner Beschwerde hinzuweisen.

Verpflichtete

Alle zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Erstversicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, im Sinne des § 105, § 110a und § 110d Versicherungsaufsichtsgesetz mit Ausnahme der Pensionskassen, der Pensionsfonds und der Rückversicherer.