Länderrisiken richtig bewerten

Seit 1998 besteht für Institute die aufsichtsrechtliche Verpflichtung der Erstellung einer institutsspezifischen Gefährdungsanalyse zur Geldwäscheprävention. Die BaFin erweiterte mit dem Rundschreiben 8/2005 die Anforderungen an die Gefährdungsanalyse, welche nun auch die Verhinderung von sonstigen strafbaren Handlungen beinhalten muss.

Der Geldwäschebeauftragte hat u.a. die Aufgabe diese Gefährdungsanalyse zu erstellen und sie jährlich (unter Umständen auch anlassbezogen) zu aktualisieren. Auf Grundlage der Bestandsaufnahme müssen verschiedene Risiken bewertet werden, z.B. Produkte, Branchen, Transaktionen und Länder.

Für die Betrachtung der Länder ist die Nationalität des Kunden sowie dessen Wohn-/ Geschäftssitz heranzuziehen. Für die ermittelten Länder muss nun die politische Situation der Länder analysiert werden. Hierbei sollte geprüft werden, welchen internationalen Staatengemeinschaften oder Organisationen das Land angehört, z.B.

  • Europäische Union
  • Vereinte Nationen
  • FATF
  • OECD

Neben der politischen Situation muss man auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation betrachten. Verschiedene Länderlisten können hierfür hinzugezogen werden.

Global Peace Index (GPI Index) [1]
Mit dem GPI Index soll die Friedfertigkeit eines Landes anhand eines relativen Vergleichs dargestellt werden. Dieser wird von einem internationalen Gremium
erstellt. Insgesamt wurden im aktuellen GPI (2015) 162 Ländern anhand von folgenden Beurteilungskriterien analysiert:

  • Anzahl der geführten Kriege im In- und Ausland
  • Geschätzte Zahl der Toten durch externe Kriege
  • Geschätzte Zahl der Toten durch interne Kriege
  • Grad der internen organisierten Auseinandersetzungen
  • Beziehungen zu Nachbarländern
  • Anzahl, Dauer und Rolle von externen Auseinandersetzungen
  • Politische Instabilität
  • Grad an politischer Gewalt und Repressionen
  • Möglichkeit von Terroranschlägen
  • Anzahl von Morden
  • Level des gewalttätigen Verbrechens
  • Wahrscheinlichkeit von gewalttätigen Demonstrationen
  • Zahl der inhaftierten Personen
  • Zahl der Polizisten und Sicherheitsbeamten
  • Ausgaben für das Militär in Prozent des BIP
  • Anzahl an Berufssoldaten
  • Import von konventionellen Waffen
  • Export von konventionellen Waffen
  • Finanzielle Unterstützung von UN-Einsätzen
  • Anzahl an schweren und nuklearen Waffen
  • Grad der Schwierigkeit, um Zugang zu leichten Waffen zu bekommen
  • Niveau der wahrgenommenen Kriminalität in der Gesellschaft

Corruption Perceptions Index (CPI Index) [2]
Der CPI Index stützt sich auf Umfragen und Untersuchungen von verschiedenen unabhängigen Institutionen, woraus der Grad ermittelt wird, wie Korruption bei Amtsträgern und Politikern in den jeweiligen Ländern wahrgenommen wird. Der aktuelle CPI Index (2014) umfasst 175 Länder.

Ländersanktionsliste der FATF [3]
Die Financial Action Task Force (FATF) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine Liste mit Ländern und Territorien, bei denen gravierende Defizite in Bezug auf die Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung festgestellt wurden. Dies sind Länder, bei denen aus Sicht der FATF der Wille zur Behebung dieser Mängel bisher nicht erkennbar ist. Aktuell unterteilt die FATF diese Länder in zwei Kategorien.

Kategorie 1: Länder, von denen anhaltend substantielle Risiken ausgehen und bezüglich derer die FATF zum Schutz des internationalen Finanzsystems zu Gegenmaßnahmen aufruft. Daher ist bei Geschäftsbeziehungen oder mit Geschäftspartnern, die in Ländern dieser Kategorie residieren sowie bei Transaktionen von oder in diese Länder stets erhöhte Sorgfalt anzuwenden.

Kategorie 2: Länder, die strategische Mängel bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen und die keine oder unzureichende Anstrengungen in Kooperation mit der FATF zu deren Beseitigung unternommen haben und bezüglich derer die FATF zu einer Berücksichtigung des Länderrisikos aufgrund dieser Mängel aufruft.

Des Weiteren werden die Länder gemäß der Informationsberichte der FATF beachtet, bei denen sich vermehrt Defizite im Hinblick auf wesentliche Empfehlungen der FATF gezeigt haben. Zum einen sind dies Länder/Territorien, die zwar Defizite aufweisen, die jedoch zu deren Beseitigung gemeinsam mit der FATF jeweils ein Aktionsplan aufgestellt haben.

Schwarze Liste der EU

Die EU-Kommission veröffentlichte am 10. Juni 2015 erstmals eine Liste mit 30 Steueroasen. Die EU-Kommission will damit den Druck auf die Steueroasen erhöhen und mehr Transparenz schaffen. Bislang wurden noch keine konkreten Maßnahmen gegen diese Länder genannt.

Fazit Natürlich können noch weitere Listen für die Beurteilung der Länderrisiken hinzugezogen werden. Insgesamt ist zu beachten, dass die Risikoeinstufung der einzelnen Länder individuell festgelegt werden kann, jedoch sollte diese für Dritte nachvollziehbar sein. (Julia Mohr & Stephanie Neumann, Creditreform Compliance Services GmbH)
[1]http://www.visionofhumanity.org [2]www.transparency.org/research/cpi/overview [3]http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2015/rs_1503 _gw_fatf_erklaerung.html