Die unendliche Geschichte endet doch – Jetzt ist Schluss mit der Störerhaftung!

Nachdem die Bundesregierung bereits im letzten Jahr – ohne Erfolg – versucht hatte, die sog. „Störerhaftung“ abzuschaffen, scheint es nun endlich vollbracht zu sein. Schon Ende Juni beschloss der Bundestag den umstrittenen Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG). Dieser wurde nun, zwei Tage vor der Bundestagswahl, auch vom Bundesrat gebilligt. Das sogenannte WLAN-Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft, was nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums Ende November 2017 der Fall sein könnte.

Im Kern bedeutet die Gesetzesänderung, dass Anbieter von WLAN-Hotspots ab sofort nicht mehr dafür haftbar gemacht werden können, wenn Dritte über ihren Internetzugang Rechtsverstöße (bspw. Urheberrechtsverstöße in Form von illegalen Film- bzw. Musikdownloads) begehen. Dasselbe Ziel verfolgte schon die zweite Änderung des TMG im Jahr 2016, die ihren Zweck allerdings deshalb verfehlte, weil man damals versäumt hatte, festzulegen, dass die Haftungsfreistellung von WLAN-Anbietern auch den Unterlassungsanspruch der Rechteinhaber umfasst. Diese Regelungslücke bot der Abmahnindustrie genügend Raum, um ihre durchaus lukrativen Geschäftsmodelle fortzuführen. Doch damit soll jetzt Schluss sein, denn die aktuelle Änderung schließt explizit auch die Unterlassungsansprüche im Rahmen der Störerhaftung aus.

Für viele ist dieser Schritt mehr als überfällig, da es in Deutschland weit weniger frei zugängliche WLAN-Hotspots gibt als in den meisten anderen Ländern der Welt, so dass man in der Vergangenheit bereits von der „WLAN-Wüste Deutschland“ oder dem „digitalen Entwicklungsland Deutschland“ sprach. Das hört man in Regierungskreisen freilich äußerst ungern. Im Übrigen stellte die Störerhaftung weltweit ein juristisches Unikum dar und war längst nicht mehr zeitgemäß.

Zwar ist diese Entwicklung selbstverständlich zu begrüßen, so bleibt ein gewisser Beigeschmack nicht aus. Denn, um die Inhaber von Urheberrechten nicht schutzlos zu stellen, hat die Regierung als Alternative die Möglichkeit von Netzsperren eingeräumt. Das bedeutet, dass die Urheberrechtsinhaber von den WLAN-Betreibern die Sperrung gewisser Inhalte fordern können, um wiederholte Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Die Tragweite dieser Möglichkeit für die Praxis ist aktuell noch nicht abzusehen, so dass hier Rechtsunsicherheit bestehen bleibt. Allerdings müssen zumindest die Kosten solcher Maßnahmen die Rechteinhaber selbst tragen. Weiter ergeben sich für die Betreiber der öffentlichen Hotspots diverse datenschutzrechtliche Fragestellungen, die es zu lösen gilt. Auch ein Passwortschutz ist mit der Gesetzesänderung überflüssig geworden, ebenso wie die Verpflichtung, von den Nutzern eine Registrierung zu verlangen. Fraglich ist also auch hier, ob überhaupt noch – und wenn ja, in welchem Maße – personenbezogene Daten der Nutzer verarbeitet werden.

Das Fazit der Gesetzesänderung könnte lauten „keine Verbesserung ohne Verschlechterung“, denn durch die Möglichkeit der Netzsperren bleibt Rechtsunsicherheit bestehen. Wie sich dies in der Praxis entwickeln wird bleibt abzuwarten.

(Benjamin Spallek, LL.M,.Consultant Compliance und Datenschutz, Creditreform Compliance Services GmbH)